Die Immobilienkreditmärkte in Europa stehen im Jahr 2025 an einem entscheidenden Wendepunkt. Nach einer langen Phase historisch niedriger Zinsen ist der Kapitalpreis stark gestiegen – was die Art und Weise verändert, wie Investoren, Banken und Kreditnehmer Immobilienfinanzierungen angehen. Die Inflation nähert sich den Zielwerten der Zentralbanken, was eine Neuausrichtung der Geldpolitik erforderlich macht. Gleichzeitig erzwingen strengere Umweltvorgaben und unterschiedliche Entwicklungen in den Immobiliensektoren ein vorsichtiges, aber zugleich kreatives Vorgehen der Kreditgeber. Hier sind fünf zentrale Chancen und Herausforderungen für das Immobilienkreditgeschäft in Europa im Jahr 2025.
Hohe Zinsen, hoher Kapitaleinsatz: Die neuen Finanzierungskosten
Chance: Höhere Zinssätze ermöglichen Kreditgebern deutlich attraktivere Renditen bei Immobilienkrediten. Senior Loans in Europa bieten derzeit jährliche Erträge von etwa 5 bis 6 %. Für Kapitalgeber ist dies eine historische Gelegenheit, Gelder mit hoher Verzinsung zu investieren.
Herausforderung: Die höheren Zinsen haben die Finanzierungskosten im Vergleich zu den Vorjahren verdoppelt und erschweren die Schuldendienstdeckung. Das Risiko von Refinanzierungen nimmt zu, insbesondere bei Krediten, die in der Niedrigzinsphase aufgenommen wurden. Neue Darlehen werden häufig auf 50–60 % des Immobilienwerts begrenzt, was mehr Eigenkapital verlangt und die Ausfallrisiken erhöht.
Rückzug der Banken, Aufstieg privater Kreditgeber
Chance: Während sich europäische Banken aus der Immobilienfinanzierung zurückziehen, gewinnen private Kreditfonds und Versicherer an Bedeutung. Nichtbankliche Kreditgeber machen inzwischen einen Rekordanteil am Markt aus. Unternehmen wie Blackstone und AXA IM Alts bauen ihre europäischen Kreditplattformen aktiv aus, um der wachsenden Nachfrage nach alternativen Finanzierungen gerecht zu werden.
Herausforderung: Der Wettbewerb unter den nichtbanklichen Kreditgebern nimmt zu, insbesondere bei hochwertigen Immobilien. Die Margen für Kredite an erstklassige Objekte schrumpfen und belasten die Renditen. Banken wie BNP Paribas agieren selektiv und fokussieren sich auf risikoarme Assets, wodurch eine Finanzierungslücke für Sekundärprojekte und Entwicklungen entsteht.
Branchenverschiebung: Logistik boomt, Büroimmobilien schwächeln
Chance: Kreditgeber konzentrieren sich verstärkt auf krisenfeste Sektoren wie Logistik und Mietwohnungsbau. Lagerhallen und Mehrfamilienhäuser profitieren weiterhin von starker Nachfrage und Mietsteigerungen, was sie zu vergleichsweise sicheren Investitionen macht.
Herausforderung: Büro- und Einzelhandelsimmobilien stehen unter Druck. Der Trend zum Homeoffice und gestiegene Finanzierungskosten drücken die Bewertungen. Viele Kreditgeber sind nicht bereit, veraltete oder ineffiziente Büroimmobilien zu finanzieren, ohne deutliche Preisnachlässe oder Risikobeteiligung.
Regulierung und ESG: Grüne Anreize vs. Brown Penalties
Chance: Nachhaltigkeitsbezogene Finanzierungen erleben einen starken Aufschwung. Projekte mit grüner Zertifizierung gemäß der EU-Taxonomie erhalten vorteilhaftere Konditionen. Die Finanzierung energieeffizienter Gebäude entspricht regulatorischen Vorgaben und schützt Kreditportfolios vor klimabezogenen Risiken.
Herausforderung: Wenig effiziente Gebäude werden zunehmend bestraft. Etwa 75 % der Gebäude in der EU weisen schlechte Energiewerte auf, und strengere Vorschriften drohen, sie unattraktiv oder wertlos zu machen. Kredite, die auf solchen Immobilien besichert sind, gelten als risikobehaftet – viele Kreditgeber fordern Risikoprämien oder lehnen die Finanzierung ab.
Marktkorrektur und Distressed Assets: Den Zyklus nutzen
Chance: Die Marktanpassung in Europa eröffnet neue Möglichkeiten. Gesunkene Bewertungen erlauben es Kreditgebern, Darlehen mit besseren risikoadjustierten Renditen zu vergeben. Fonds für notleidende Kredite sondieren aktiv Refinanzierungslücken und Gelegenheiten zur Überbrückungsfinanzierung.
Herausforderung: In Europa droht bis 2026 eine Finanzierungslücke von rund 93 Milliarden Euro im gewerblichen Immobiliensektor. Eine Zunahme von Ausfällen und Restrukturierungen ist zu erwarten. Kreditgeber müssen Risiken sorgfältig prüfen, da makroökonomische Unsicherheit und branchenspezifische Schwächen den Aufschwung gefährden könnten.
Fazit
Der europäische Immobilienkreditmarkt im Jahr 2025 bietet sowohl erhebliche Chancen als auch große Herausforderungen. Hohe Renditen, branchenspezifische Strategien, grüne Anreize und Marktverschiebungen eröffnen neue Wege für durchdachte Kapitalplatzierungen. Gleichzeitig erfordern steigende Finanzierungskosten, Refinanzierungsrisiken, regulatorischer Druck und wirtschaftliche Volatilität eine strikte Risikosteuerung. Der Erfolg von Investoren, Banken und Fonds wird davon abhängen, wie flexibel, diszipliniert und realistisch sie Chancen und Risiken in einem komplexen Marktumfeld abwägen.